Nachruf auf Manfred Fahle

Ein wahrer Visionär

13. März 2020

Manfred Fahles wissenschaftliches Hauptinteresse war die visuelle Wahrnehmung und Verarbeitung im Gehirn. Als Forscher wollte er den Zusammenhang zwischen dem Sehen und Erkennen verstehen. Manfred Fahle verband verschiedene wissenschaftliche Disziplinen: Er studierte Medizin, Biologie und Philosophie und verstand es, Brücken zu bauen. Vier Jahre erforschte er am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in der Abteilung von Valentino Braitenberg das Binokularsehen und die Struktur des Kleinhirns.

In der Vielzahl seiner interdisziplinären Arbeiten befasste er sich speziell damit, wie visuelle Formen im Gehirn verarbeitet werden und wie verschiedene Gehirnareale zusammenarbeiten, damit Objekte als solche erkannt werden können. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Untersuchung zeitlicher Faktoren visueller Wahrnehmung und auf deren Veränderung als Folge kontinuierlicher Lern- und Alterungsprozesse. Ein weiterer Schwerpunkt bestand in der Aufklärung der Beziehung zwischen visuellen Funktionen und den zugrundeliegenden neuronalen Strukturen. Sein Methodenspektrum umfasste sowohl psychophysikalische Experimente als auch bildgebende Verfahren und EEG-Ableitungen.

Gemeinsam mit dem theoretischen Physiker Tomaso Poggio erhielt Manfred Fahle im Jahr 1992 den Max-Planck-Forschungspreis für eine Arbeit aus seiner Zeit am Massachusetts Institute of Technology. Manfred Fahle war geschäftsführender Direktor des Zentrums für Kognitionswissenschaften (ZKW), Professor für Humanbiologie, Vorsitzender der Forschungskommission und Mitglied im Akademischen Senat der Universität Bremen.

Manfred Fahle verstarb nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 69 Jahren. Bis zu seinen letzten Stunden versuchte er noch seine neuen Ideen zur Prismenadaptation und somatosensorischen Integration zu Papier zu bringen. Er war mit ganzem Herzen ein Wissenschaftler. Er hinterlässt seine Frau, drei Kinder und fünf Enkelkinder. Wir als seine wissenschaftlichen Kolleginnen und Kollegen am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik schätzten seine Menschlichkeit, seinen Feingeist und Humor. Manfred Fahle war Mitstreiter, Wegbereiter, Kollege und Freund. Gemeinsam trauern wir und vermissen ihn sehr.

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