1,2 Millionen Euro Förderung für neues bildgebendes Verfahren in der Hirnforschung

Professor Klaus Scheffler will neue Methoden in der Magnetresonanztomographie erproben – Koselleck-Projekt der DFG

16. Januar 2017

Der Tübinger Physiker Professor Klaus Scheffler will mit Förderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) so verbessern, dass mit ihr detaillierte Aussagen über Hirn- und Nervenaktivität möglich sind. Scheffler ist am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik sowie am Werner Reichardt Centrum für integrative Neurowissenschaften der Universität tätig. Die DFG fördert das Vorhaben im Rahmen ihrer Koselleck-Projekte in den kommenden fünf Jahren mit insgesamt 1,2 Millionen Euro.

„Die Signalverarbeitung im Gehirn kann heute mit den verschiedensten Methoden gemessen werden“, erklärt Scheffler. Die so genannte Elektrophysiologie etwa erlaubt eine sehr detaillierte Darstellung lokaler Ereignisse, denn Nervenzellen im Gehirn kommunizieren untereinander mittels elektrischer Signale. Um diese Aktivität messen zu können, wird eine haarfeine Mikroelektrode in der Hirnrinde platziert. So kann das Signal einer geringen Anzahl oder sogar nur einer einzelnen Nervenzelle beobachtet werden. Die Elektrophysiologie wird in der Neurowissenschaft häufig im Tierversuch eingesetzt, aber auch in der Medizin, beispielsweise bei Gehirnoperationen.

Die Magnetresonanztomographie ist demgegenüber ein nicht invasives Verfahren mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung im Millimeter-Bereich und der Möglichkeit, das gesamte Gehirn im Menschen oder Tier zu erfassen. Die Magnetresonanz wird oft als ein alternatives Verfahren zu invasiven Methoden dargestellt, allerdings kann sie im Gegensatz zu elektrophysiologischen Ableitungen neuronale Aktivität bislang nicht direkt messen. Man behilft sich in der Forschung daher mit einem methodischen Umweg: Die Magnetresonanztomographie kann im Gehirn lokale Veränderungen des Sauerstoffgehalts im Blut sichtbar machen, was wiederum durch die Aktivität der Nerven beeinflusst wird.

„Diese sogenannte neurovaskuläre Kopplung ist derzeit noch nicht vollständig verstanden“, sagt Scheffler: „Ein Rückschluss auf die zugrundeliegende neuronale Aktivität des Gehirns aufgrund funktioneller MRT-Daten ist daher sehr schwierig wenn nicht unmöglich.“ Das neu bewilligte Koselleck- Projekt hat daher zum Ziel, die Beziehungen zwischen vaskulären und neuronalen Signalen besser zu verstehen. In diesem Projekt werden neuartige Magnetresonanz-Methoden untersucht mit dem Ziel, detailliertere Informationen über die zugrundeliegenden neuronalen Aktivitäten zu erlangen. Dazu ist es wichtig, die genaue Anatomie des neuronalen Gefäßsystems zu kennen, welches durch tierexperimentelle Ansätze mit hochauflösendem MicroCT gemessen wird. Insgesamt will das bewilligte Koselleck-Projekt also dazu beitragen, ein genaueres Bild der neuronalen Interaktionen des gesamten Gehirns als System zu erlangen.

Koselleck-Projekte der DFG stehen für besonders innovative und im positiven Sinne risikobehaftete Forschung. Durch besondere wissenschaftliche Leistung ausgewiesenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern soll die Möglichkeit eröffnet werden, in hohem Maße innovative und im positiven Sinne risikobehaftete Projekte durchzuführen. Die Förderlinie ist benannt nach dem 2006 verstorbenen Reinhart Koselleck, einem der bedeutendsten deutschen Historiker des 20. Jahrhunderts, der zu den Begründern der modernen Sozialgeschichte gehörte.

Druckfähige Bilder erhalten Sie von der Presse- und Öffentlichkeitsabteilung. Bitte senden Sie uns bei Veröffentlichung einen Beleg.

Das Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik forscht an der Aufklärung von kognitiven Prozessen auf experimentellem, theoretischem und methodischem Gebiet. Es beschäftigt rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus über 40 Ländern und hat seinen Sitz auf dem Max-Planck-Campus in Tübingen. Das MPI für biologische Kybernetik ist eines der 82 Institute und Forschungseinrichtungen der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V.

Die Universität Tübingen gehört zu den elf deutschen Universitäten, die als exzellent ausgezeichnet wurden. In den Lebenswissenschaften bietet sie Spitzenforschung im Bereich der Neurowissenschaften, Translationalen Immunologie und Krebsforschung, der Mikrobiologie und Infektionsforschung sowie der Molekularbiologie. Weitere Forschungsschwerpunkte sind die Geo- und Umweltforschung, Archäologie und Anthropologie, Sprache und Kognition sowie Bildung und Medien. Mehr als 28.400 Studierende aus aller Welt sind aktuell an der Universität Tübingen eingeschrieben. Ihnen steht ein Angebot von rund 300 Studiengängen zur Verfügung – von der Ägyptologie bis zu den Zellulären Neurowissenschaften.

Das Werner Reichardt Centrum für Integrative Neurowissenschaften (CIN) ist eine interdisziplinäre Institution an der Eberhard Karls Universität Tübingen, finanziert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft im Rahmen der Exzellenzinitiative von Bund und Ländern. Ziel des CIN ist es, zu einem tieferen Verständnis von Hirnleistungen beizutragen und zu klären, wie Erkrankungen diese Leistungen beeinträchtigen. Das CIN wird von der Überzeugung geleitet, dass dieses Bemühen nur erfolgreich sein kann, wenn ein integrativer Ansatz gewählt wird.

Autorin: Beate Fuelle

Zur Redakteursansicht