„Besatzdichte ist wichtiger als Beckengröße“

Rebecca König vom Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik anlässlich des Tags des Versuchstiers über die Haltung von Zebrafischen

20. April 2022

Der Zebrabärbling ist ein wichtiger Modellorganismus zur Untersuchung von Erkrankungen. Über 80 Prozent der bislang bekannten Gene, die beim Menschen Krankheiten auslösen können, gibt es auch in ähnlicher Form auch in dem Fisch. Der Zebrabärbling ist das nach der Maus am zweithäufigsten eingesetzte Versuchstier der Max-Planck-Gesellschaft. Doch wie werden die landläufig als Zebrafische bekannten Fische an den Max-Planck-Instituten gehalten? Rebecca König, Tierärztin am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen, beschreibt anlässlich des Tags des Versuchstiers am 24. April, was sie und ihre Mitarbeitenden für das Wohl ihrer Fische tun.

Wie sieht das Leben eines Zebrafisches bei Ihnen am Institut aus?

Die Zebrabärblinge an unserem Institut wachsen in ihren ersten Lebenstagen in Petrischalen heran. Nach etwa fünf Tagen – dem Zeitpunkt, ab dem die Larven anfangen zu fressen –setzen wir sie in größere Aquarien. Im Alter von drei bis vier Monaten kommen sie dann in den Haltungsraum für die ausgewachsenen Fische. In den 3,5 bis zwölf Liter fassenden Aquarien leben etwa fünf Fische pro Liter.

In freier Natur werden die Tiere normalerweise etwa ein Jahr alt, in Gefangenschaft zwei Jahre oder älter.

Sind die Aquarien nicht zu klein?

Zebrabärblinge sind Schwarmfische. Bei ihrer Haltung spielt die Besatzdichte eine große Rolle: Ist die Dichte zu gering, beginnen die Tiere Reviere zu bilden und zu verteidigen. Außerdem entwickeln sich bei geringen Dichten mehr weibliche als männliche Fische.

Wenn mehr Fische in einem Aquarium leben würden, könnte man sie in auch größeren Becken halten…

Für die Forschung benötigen wir verschiedene Farbmutanten und genetische Linien. Für jede davon brauchen wir eigene Becken, da nicht alle Linien mit dem bloßen Auge voneinander zu unterscheiden sind. Wären die Aquarien größer, müssten auch mehr Fische darin leben, damit sie keine Reviere bilden. Diese zusätzlichen Fische werden aber für die Zucht oder für Versuche nicht benötigt. Es würden also Tiere gehalten, die gar nicht benötigt werden. Und das wollen wir vermeiden.

In Forschungslabors werden Zebrafische in der Regel in Ein- bis Zehn-Liter-Aquarien gehalten. Die meisten Aquarien, die ein Hobby-Aquarianer im Fachhandel kaufen kann, sind deutlich größer. Warum gibt es diesen Unterschied?

Standards für die Hobby- und Versuchstierhaltung können unterschiedlich sein. Die Tierärztliche Vereinigung für Tierschutz empfiehlt eine Mindestgröße von 54 Litern für Zierfische. Die Federation of European Laboratory Animal Science Association gibt dagegen keine Mindestgrößen für die Becken an. Stattdessen empfiehlt sie eine Besatzdichte von vier bis zehn geschlechtsreifen Tieren pro Liter. Diese Angaben beruhen auf Erfahrungswerten, zum Teil auch auf wissenschaftlichen Studien. Bislang gibt es allerdings noch keine gesetzlichen Vorschriften dazu.

Man darf auch nicht vergessen, dass sich die Fische in einem Hobby-Aquarium den Platz mit Pflanzen, dem Sand an Boden, Dekorgegenständen und technischen Geräten wie Filter und Heizung teilen müssen. Der Platz, den die Zebrabärblinge in solchen Becken tatsächlich nutzen können, ist also faktisch kleiner.

Haben die Fische in kleinen Becken denn genug sauberes Wasser?

Die meisten Versuchstierhaltungen arbeiten mit großen Wasseraufbereitungsanlagen. Das Wasser in den Becken wird fünf bis achtmal pro Stunde komplett ausgetauscht. Dadurch ist gewährleistet, dass Schadstoffe laufend entfernt werden. Wichtige Parameter wie Temperatur und Stickstoff-Abbauprodukte sowie der Gesundheitszustand der Fische werden regelmäßig kontrolliert. Neue Fische gelangen nur nach einer Quarantäne oder über Eier in die Anlage, deren Oberfläche zuvor desinfiziert wurde.

Private Aquarien zuhause besitzen meist eine viel geringe Wasseraustauschrate. Das Wasser wird in einem kleinen Kreislauf umgewälzt und aufbereitet, Frischwasser wird in der Regel nur wöchentlich oder zweiwöchentlich zugegeben. Auch sonst können Hobby-Aquarienbesitzer ihren Schützlingen selten so hohe Hygienestandards bieten wie unsere professionellen Versuchstieranlagen.

Unterscheidet sich denn auch die Fütterung von Versuchstieren und privat gehaltenen Zebrabärblingen?

Wir füttern hochwertiges Futter, dass speziell auf den Bedarf dieser Art abgestimmt ist. Es berücksichtigt zudem die verschiedenen Entwicklungsstadien von der Larve bis zum geschlechtsreifen Fisch. Das im Zoofachhandel angebotene Futter ist häufig ein Mischfutter, also ein Kompromiss, um verschiedene Aquarientiere zufrieden zu stellen.

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